Meine Fragen war doch ganz klar und eindeutig.
Wie will man sichergehen dass wirklich alle möglichen anderen Auslöser für die Verhaltenssymptome ausgeschlossen sind? Unabhängig von Rassedispositionen gibt es auch einfach die Streuung im Verhalten; manch ein Halter ist auch einfach mit einem gesunden, rassetypischen Verteter und dessen evtl. individuell aktiveren Verhalten überfordert.
Vor vier Jahren wurde mein Hund in Hannover durch die Diagnostik-Mühle gedreht weil Epilepsie oder Hydrocephalus mögliche Ursachen für das Verhalten hätten sein können. Die Auswirkung von Futterbestandteilen stand damals noch gar nicht auf dem Programm. Kastration kam für mich nicht in Frage, damit war dieser Teil der Diagnostik eh gelaufen, wir haben also auch keine gesicherte Diagnose: Epilepsie ja oder nein.
Heute würde dann vielleicht ADHS diagnostiziert weil heute vielleicht eine erhöhte Notwendigkeit besteht einen Namen für diesen Symptomkomplex zu finden, vielleicht weil man nach entsprechenden Versuchen auch Medikamente gefunden hat mit denen sich das Verhalten ändern oder dämpfen lässt was zur damaligen Zeit nicht der Fall war.
Das Problem ist doch auch die Abgrenzung, gerade beim Hund. Bei meinem Hund sicher ist eine Fehlprägung, fehlende Sozialisierung, Deprivation, dazu evtl. noch eine erhöhte Aggressionsbereitschaft da schon aggressive Elterntiere vermehrt wurden und eine Förderung aggressiven Verhaltens von Welpe an, dazu in den ersten sieben Monaten drei bis vier Vorbesitzer mit verschiedensten Erziehungsversuchen. Im Tierheim noch eine Vergfitung, wahrscheinlich mit Rattengift mit starken Blutungen aus allen Schleimhäuten und Koma. Sicher auf jeden Fall eine Überreaktion auf Futterbestandteile und eine niedrige Stresstoleranz, verbunden mit erhöhter Aggressionsbereitschaft. Sicher auch eine für diesen Hund Wohnungssituation mitten in der Stadt und unkontrollierbaren Begegnungen mit Hunden.
Was würde diagnostiziert wenn ich die mir bekannte Vorgeschichte incl. meiner Basteleien an seinem Verhalten auflisten würde, was würde diagnostiziert wenn dieser Hund mit unbekannter Vorgeschichte ins Tierheim käme und untersucht würde? Was würde in fünf Jahren diagnostiziert wenn wieder neue Erkenntnisse in Sachen (Entwicklungs-)Störungen des Gehirns, des Nervensystems hinzukommen?
Dass es diverse Störungen der Wahrnehmung und des Verhaltens bei Menschen wie bei allen anderen höher entwickelten Lebewesen in unterschiedlichster Ausprägung gibt ist wohl unumstritten. Problematisch nur wenn man versucht alle diese individuellen Ausprägungen mit einem einzigen Etikett zu versehen.
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